Jasmine

Veröffentlicht auf von Janina Auer

Vorsichtig schob sich die Nase durch das Blättergewirr nach vorne. Die Nasenöffnungen vibrierten leicht bei jedem Atemzug. Erst als der Geruch nach frischem Wasser durch nichts gestört wurde entschieden das wohl keine Gefahr drohte. Die Wasserstelle war ideal für ihre Zwecke und es hatte schon lange keine Überfälle mehr gegeben. Jetzt trat sie vorsichtig aus dem Schutz des Waldes und blieb noch einmal stehen. Der fahle Schein der Monde spiegelte sich in ihren Augen. Aufmerksam schaute sie sich um. Ihre Muskeln zitterten leicht und zeichneten sich deutlich unter der Haut ab. Langsam machte sie noch einige Schritte zum Wasser um zu trinken.
Die Federn am Pfeil vibrierten als das Tabuk mit einem dumpfen Geräusch zu Boden viel. Das zittern meiner Muskeln hörte auf als ich mich entspannte und den Bogen nach unten sinken ließ.
„Toller Schuss“ Jey haute mir anerkennend auf die Schulter und grinste mich an.
Aus den Büschen gegenüber raschelte es ebenfalls als drei Frauen zu dem Tabuk traten.
„Sauberer Schuss“ Judy richtete sich auf nachdem sie das Tier untersucht hatte. „Sehen wir zu das wir es ins Lager bringen.“
Vier unserer Sklavinnen machten sich daran eine Stange zwischen den Beinen des Tabuk zu befestigen um es besser tragen zu können. Zusammen mit der anderen Beute hatten wir genug Fleisch für die nächsten Wochen.
Judy trat zu mir und reichte mir meine Belohnung. Ich nahm die Zungenspitze und biss herzhaft hinein. Die blutige Zunge war eine besondere Leckerei und war der Jägerin vorbehalten. Weiter würde ich einen Teil des Geldes bekommen, wenn das Horn verkauft war. Alles andere wurde in der Gemeinschaft aufgeteilt.
Fast zwei Jahre waren seit der Begebenheit in Anango vergangen. Das Schiff mit dem ich die Stadt verließ lag gut im Wind und so erreichten wir Schendi nach fünf Tagen. Bereits Mitte des zweiten Tages stieg die Wärme unter Deck beängstigend an und das Holz des alten Frachters knackte unter der Hitze. Durch die Hitze die am Äquator herrschte verdampften große Mengen Wasser so das die Sicht immer geringer wurde. Die Tassa um uns herum erschien mir wie eine Tasse heißen Bazi Tee und der Schweiß lief in Strömen an meinem Körper herunter. Ich hatte meine Kabine verschlossen und lag nackt auf meinem Lager. Von Zeit zu Zeit schöpfte ich einen Eimer Wasser durch eine der Lucken in meiner Kabine. Dann tränkte ich eines der Reeptücher damit und legte es auf meinen Körper. Dies kühlte mich und machte die Hitze erträglicher.
Schendi war laut, stickig und schwülheiß. Ich buchte die nächste Passage Richtung Norden. Leider ging das nächste Schiff erst eine Woche später. So blieb mir nichts anderes übrig als mich in einer Herberge einzuquartieren.
Wegen der großen Hitze erwachte das Leben in Schendi erst gegen Abend. Wenn der Wind von der Tassa kühle Seeluft in das Sumpfbecken trieb öffnete der Markt seine Tore. Staunend wanderte ich zwischen den Ständen umher. Solch eine Vielfalt erlesener Güter hatte ich noch niemals zuvor gesehen. Trauben von den Hängen des Voltai Gebirges, Fische aus dem Ushinde See, Exotisches Obst aus dem Dschungel um Schendi und Boskfleisch in allen Variationen aus den Grasebenen von Turia. Schendi war der größte Handelsplatz von Waren von und zu den Wagenvölkern. Die angesehendsten Handelhäuser unterhielten hier ihre Niederlassungen. Mehrere Hafenanlagen steuerten den Schiff und Warenstrom. In langen aneinandergereihten Lastkähnen, die von einem Segler gezogen wurden kamen die Waren den Nyoka Fluss hinab. Flusstharlarions zogen die Schiffe wieder Flußaufwärts. Sie wurden in extra abgeschirmten Becken am Rand des Hafens gehalten und durch mehrer Wärter und Pfleger betreut. Die Fütterung dieser Tiere war gefährlich und so wurde der ein oder andere Sklave schon mal selbst zum Futter. Dunkelhäutige Träger eilten mit Kisten, Fässern und Ballen geschäftig zwischen den Hafenanlagen und den Handelshäusern umher. Vom nahen Fischerkanal drangen die Stimmen der Verkäufer die ihre Waren anpriesen. Neugierig  schlenderte ich zwischen den Ständen herum und erstand ein großes Stück gebratener Fisch in frischem SaTarna Brot welches ich im Schatten eines Hauses genüsslich verschlang. Das füllte meinen Magen ebenso wie der Becher frische gesüßte Boskmilch die ich an einem anderen Stand erworben hatte.
Einsetzende Musik eines Czehar-Spielers zog mich zu einem großen Rundzelt. Die wehmütige Melodie wehte zu mir herüber. Das Lied handelte von der Sehnsucht und der Liebe einer Sklavin zu ihrem Herrn. Mein Herz wurde schwermütig und ich musste an Lara denken. Diese Zeit kam mir unendlich weit weg vor. Was hatte ich in der Zwischenzeit alles erlebt und wie gerne hätte ich manche Erlebnisse mit ihr geteilt. Traurig und mit Tränen gefüllten Augen machte ich mich auf den Weg in mein Quartier.
Zwei Monate später betrat ich vom Schiff den Hafenbereich von Port Jasmine. Das Leben pulsierte hier langsamer wie in der Hitze Schendis. Fisch, Holz und Wildtiere waren hier die größte Einnahmequelle. Der Vosk zog dunkel und ruhig dahin und war bevölkert von großen und kleinen Lastenseglern die von Ort zu Ort zogen. Unwillkürlich zog ich die Schultern ein als ich an mehreren Pfählen vorbeiging an denen noch die Reste der Verurteilten zu sehen waren. Die Stadtwache hielt mich am Tor an. Nach unzähligen Erklärungen warum ich in Richtung der Wälder wollte und ein paar Münzen ließ er mich endlich passieren. Nicht ohne mir nachzurufen das ich mich nicht von den Panthern beißen lassen sollte. Ich atmete auf als ich die Mauern der Stadt und den misstrauischen Blicken der Stadtwache entkommen war.
Ich hatte mich an die Einladung von Judy erinnert als sie damals in unserem Lager war. Das  Lager der lag gut versteckt  in den Wäldern oberhalb von Jasmine am Vosk. Ich versuchte mir die Wegbeschreibung in das Gedächtnis zurückzuholen und machte mich auf den Weg. Die Bäume waren hier niedriger als in den nördlichen Wäldern. Teilweise gab es dichtes Unterholz das ich umgehen musste. An anderen Stellen weitete sich der Wald zu großen lichtdurchfluteten Lichtungen mit mannshohen Gräsern.  Am Ende des zweiten Tages entdeckte ich die ersten Zeichen die nur Panther im Wald hinterlassen. Für ungeübte waren sie nicht zu erkennen. Kleine Zeichen aus Blättern und Federn an den Bäumen zeigten mir den Weg. Als ich die Lagerwache sah stieß ich vorsichtig den Ruf des Waldvogels aus. Der Ruf wurde von Ihr erwidert und ich trat mit erhobenen Armen nach vorne so dass sie mich sehen konnte. Sofort zuckte der Bogen nach oben und die Spitze eines Pfeils zeigte auf mich.  Es dauerte nicht lang und ich wurde von den herbeigerufenen anderen Lagerwachen in das Lager geführt. Misstrauische Blicke begleiteten meinen Weg zum Dorf in dessen Mittelpunkt wir vor einem großen Rundbau hielten. Eine gespannte Stille lag über dem Platz als die Anführerin der Wache in dem Bau verschwand. Sie löste sich erst als der Fellvorhang nach oben geschlagen wurde und Judy mit einem Freudenschrei auf mich zu gestürmt kam. Der Aufprall war so hart das wir beide zu Boden stürzten und uns im Staub  herum rollten. Schlagartig entlud sich die Anspannung der anderen und sie stießen kleine hohe Schreie aus um mich zu begrüßen.
Später hingen alle gebannt an meinen Lippen als ich über meine Erlebnisse berichtete. Die Monde von Gor waren schon lange aufgegangen als ich endlich entspannt einschlief. Die Anstrengungen und das Versteckspiel der letzten Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen.
Am nächsten Morgen zeigte mir Judy mit den anderen Anführerinnen das Lager. Es war weitverzweigt und in einzeln zu verteidigende Bereiche eingeteilt. Die Anordnung war sehr geschickt gewählt so dass sich immer drei kleine Kampfbereiche gegenseitig Schutz geben konnten.
Trotz der versteckten Lage waren sie ständig in Kampfhandlungen verwickelt. Die Gegend war besonders Wild und Fischreich und weckte deshalb die Gier anderer Stämme. Hin und wieder verirrten sich aber auch fremde Krieger oder Jäger in unser Gebiet. Am meisten tat sich dabei ein räuberischer Stamm aus der großen Sandwüste hervor die das Lager regelmäßig heimsuchten.
Die nächsten Wochen verbrachte ich damit, die Gegend zu erkunden. Endlich konnte ich die beengende Kleidung die ich bislang tragen musste ablegen. Ich genoss das baden in kleinen Seen ohne hinderliche Bekleidungen und lag stundenlang nackt im weichen Moos des Waldes. Langsam kehrte meine Weiblichkeit zurück. Ich spürte den Wald mit jeder Faser meines Körpers. Meine Haut kribbelte und sog die feuchte Luft  des Walds wie ein Schwamm auf. Das wohlige Gefühl in meinem Unterleib verstärkte sich von Tag zu Tag und ich spürte die Sinnlichkeit des Waldes immer stärker. Kein Lebewesen das in einer der Städte lebte konnte sich diese Gefühle auch nur ansatzweise vorstellen.
Jeder Baum, jeder Strauch,  jede Pflanze verströmte eine Aura aus Düften und Gefühlen. Je länger ich mich im Wald aufhielt, umso aufmerksamer und empfindsamer wurden meine Sinne.

Veröffentlicht in Geschichten aus Gor

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